Archive for January 16th, 2010

16
Jan
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Der Ruf der Berge, im Indischen Himalaya

Ladakh, Juni2009.
Eiskalt brennt der Wind im Gesicht. Das Atmen fällt mir schwer. Jeder Meter kostet mehr und mehr Kraft, ich drücke das Rad immer weiter über die Piste, Schlagloch zu Schlagloch. Schieben ist kraftsparender, aber auch langsamer. Schon seit Stunden habe ich die Passhöhe im Blick. Die letzen Wochen stecken mir merklich in den Knochen. Die Straße wird immer schlechter. Noch eine Kurve, dann noch eine. Der Pass, ich recke die Faust in die Höhe und vergiesse Tränen vor Freude. Es dauert einige Minuten bis ich mich wieder fasse, unbeschreiblich dieses Gefühl. Ist dies doch der 5te Pass den ich in den letzten Tagen erstrammpelt habe, aber auch der höchste und der letzte auf der Manali- Leh Route. Ich habe den Höhepunkt meiner Reise erreicht. 18Monate mit dem Fahrrad durch Asien.


“Hey man, where you go?”, schallt es mir entgegen. “Ladakh!” lautet meine knappe Antwort. Ungläubig schütteln sie den Kopf und murmeln nur “not possible”. Wie oft habe ich das schon gehört, in Kambodscha wo der Hotelwirt mir weiss machen wollte die Straße mit dem Rad zu machen sei eben “not possible”, oder der nette Vietnamese stammelte dasselbe  als ich ihm in Umrissen von meiner bisherigen Reise erzählte. Aber nach Ladakh ist es noch weit, ich befinde mich vielleicht ein paar hundert Meter über NN und der Höhenunterschied zu meinen Ziel ist mal eben 5km vertikal in die Höhe, der Verkehr verlangt dazu seinen Tribut. Trotzdem freue ich mich wahnsinnig auf die Berge. In der Ferne sehe ich sie schon, die Vorboten des Himalayas. Die Straße welche ich wähle führt eine Zeitlang parallel zu einer Bergkette, es wird zwischendurch immer hügeliger. Hier im Flachland ist es zu dieser Jahreszeit wie in einem Backofen, es wird Zeit das ich in höhere Regionen vorstoße, vor der Hitze fliehe. Noch bevor es in die Berge geht erreiche ich den Indischen Himalaya Bundesstaat Himachal Pradesh, im Grunde kaum erwähnenswert, doch für mich geht dieser Abschnitt der Reise hier erst richtig los.  Von nun an geht es immer auf, immer wieder ab und wieder hinauf. Kurve um Kurve pumpe ich mich immer höher. Die Landschaft erinnert irgendwie an Nepal, doch hier ist es sehr viel geschäftiger. Es ist viel los auf den Straßen, viele Inder ziehen in den heißen Sommermonaten in die Berge, ein regelrechter Exodus findet hier statt. Der erste Meilenstein heißt Shimla, die ehem. Sommerresidenz der Briten. Hier heisst es erstmal eine Guardia auszusitzen. Auf verkehrsreicher Straße schlage ich mich anschliessend  weiter durchs Kullu Valley immer dem Beas River entlang nach Manali durch. Ich bleibe ein paar Tage und decke mich mit Proviant ein. Doch der ganze Trouble in Manali wird mir schnell zuviel und ich sattle mein yellow mule und ziehe los…

Endlich bin ich auf der legendären Hochgebirgsstrasse unterwegs die mich ins entlegende Ladakh führen soll. Zu Beginn  gibt es viele Verleihshops für Skier und in erster Linie sog. `mugfur coats`, Kunststoffpelze . Die einheimischen Touristen, die sich täglich in Scharen zum Rothang La 3988m, aufmachen sehen echt zum Schreien aus, aber für den ersten Kontakt mit Schnee muss man ja gerüstet sein. Unterwegs warten fünf Hochgebirgspässe. Ich bin gespannt was mich erwartet, und wie es in solcher Höhe ist, mit dem Fahrrad war ich bisher nur knapp über 2000m und zu Fuß auf 4100m. Die Straße führt durch die grünen Ausläufer des Kullu Valleys. Immer wieder blitzt die Passhöhe am Horizont. Wasserfälle, vom Schmelzwasser rauschen in die Tiefe, Geier warten am Strassenrad. An den zahlreichen Teeständen werde ich nur zu gern photografiert und hin und wieder auch zum Tee eingeladen, dabei werde ich ausgiebig interviewt und wir haben alle unseren Spaß. Weiter gehts, immer bergauf, auf einmal verdichtet sich der Himmel und dicke Hagelkörner prasseln mir um die Ohren. Der Wetterumschwung im Himalaya ist berüchtigt und so schnell wie es angefangen hat hört es auch schon wieder auf. In der kurzen Zeit reicht es nichteinmal die Regenjacke herauszuholen, aber dennoch reicht sie aus um das Rad etwa 2m den Abhang runter zuschmeißen, samt km- stein an dem es angelehnt war. Ich passiere Marhi 16km vor dem Pass und versuche es noch weiter, obwohl der Verkehr immer dichter wird. Die Nachzügler wollen noch hoch und die Frühaufsteher wollen hinunter. Nach etwa 5km ist auch mit dem Rad kein durchkommen mehr und zusammen mit einer Blechlawine rolle ich wieder runter durch den Schlamm,  und schlage mein Zelt in Marhi auf.
Um am nächsten Morgen weitestgehend den zahlreichen Tagsbesuchern zu entgehen fahre ich früh los, aber was heißt früh im indischen (Urlaubs-)Alltag? Sehr früh, es sind schon viele Jeeps unterwegs. Es ist herrlich zu sehen, wie am Straßenrand angehalten wird und die erste Schneeberührung per Photo dokumentiert wird und für unterwegs noch ein Glas der grau, brau, weißen Masse eingeschenkt wird. Das wahre Schauspiel selber findet auf dem Pass selber statt. Regelrechte Volksfeststimmung herrscht hier.Ich habe noch so einiges vor an diesem Tag, also rumple ich fast einsam ins Lahaul Valley hinunter. Am Nordfuss des Passes ist die Strasse überraschenderweise im exelentem Zustand und ich rolle, am Chandra Bhaga River entlang, vorbei an kleinen Dörfern in die Hauptstadt des Distrikts von Lahaul, Keylong auf 3145m. Keylong ist die einzige grössere Stadt zwischen Manali und Leh. Im Guest House herrscht schon reges Treiben als ich am späten Nachmittag eintreffe, ist doch die Strasse im Sommer auch reichlich von Motorradtouristen bevölkert, so treffe ich auch die Gruppe von 2 Belgiern und einem Briten wieder, denen ich schon am Rothang begegnet bin. Gemeinsam begutachten wir das beschauliche Städtchen und ich überlege nicht einen Tag hier zuverbringen, um einige Gompas in der Umgebung zu besuchen. Doch wie sooft verschiebe ich die Entscheidung auf den nächsten Morgen, und als der Wecker dann klingelt juckt es mir wieder gewaltig in den Oberschenkel, also heisst es keine Zeit zu verlieren und ich verschiebe die Klöster auf den nächsten Besuch, der definitiv kommt. Die Strasse führt weiter an einen Berghang entlang, links geht die Felsmauer steil hinauf und nach rechts hat man einen phantastischen Blick auf das fruchtbare breit ausgewaschene Flusstal der Bhaga Flusses, gespickt mit kleinen Dörfern gerahmt von saftig grünen Wiesen und Feldern. Entlang der Strecke durchquere ich auch immer wieder kleine Siedlungen, in denen die Einwohner geschäftig ihrem treiben nachgehen, immer wieder werde ich von jung und alt mit einem lauten ´Hallo´begrüsst. Besonders freundlich sind die berühmten BRO worker. Dies ist eine spezielle Einheit der Indische Armee deren Aufgabe hauptsächlich daraus besteht die Strassen an Indiens Grenzen und an besonders strategisch wichtige Verbindungen passierbar zuhalten. Hier haben sie nicht viel Zeit, nur in den Sommermonaten sind arbeiten in dieser Gegend möglich. Die meisten Arbeiter kommen aus den ärmeren indischen Bundestaat Bihar, aber auch viele Nepalis und Bangladeshis schufften unter diesen harten Bedingungen. Hut ab vor diesen Menschen, immer wieder begegnete ich ihnen und sie hatten immer ein lächeln auf den Lippen.  Auf einmal weitet sich das Tal, ich befinde mich mittlerweile am Fusse des Flusstals, kurz vor Darcha. Ein grandioser Blick auf ein weites Tal mit bizzaren Steinfeldern öffnet sich . Darcha ist die letzte permanente Siedlung vor Rumtse in Ladakh. Nun gibt es unterwegs nur noch sog. Parachute dhabas zur Versorgung, diese Zelte werden jedes Jahr wieder neu aufgbaut und erstaunlicherweise werden sehr viele dieser dhabas von Nepalis betrieben. Es macht mir riesigen Spass meine paar Brocken Nepali zur Schau zu stellen, so bleibe ich ein wenig im Training. Nur bei den Zahlen muss ich passen und erbitte diese in Englischer Sprache. Am Deepaktal in Patseo, einem kleinen idylisch gelegenen See schlage ich abends mein Zelt auf. Patseo war damals ein wichtiger Treffpunkt für Händler aus den umliegenen Regionen, wo Waren getauscht wurden. Doch von der Bedeutung auf diesem alten Handelsweg zeugt heute nicht mehr viel.

Als ich am nächsten Morgen erwache, hämmert mir der Kopf. Ich muss sofort an AMS denken, die Höhenkrankheit. Ich beschliesse es dennoch weiter zuversuchen. Doch schon bei den ersten Handgriffen beim Zeltabbau wird mir so schwindelig, das ich doch die Vernunft walten lasse und einen Tag Pause einlege. Ich ruhe mich aus, doch ich kann es nicht den ganzen Tag in meinem Zelt aushalten und erkunde ein klein wenig die Gegend. Ich treffe einen Nepali, der über den Sommer hier oben mit seinem Grossvater Bohnen pflanzt um diese nach der Saison zu verkaufen. Im Winter gehen sie wieder nach Hause, und kommen im Frühjahr wieder. Er berichtet, dass sie mehrere Wochen her gewandert sind, da die Strecke vorher noch nicht für Verkehr freigegeben worden war. Er lädt mich in seine bescheidene Hütte ein. Die Wände bestehen aus Felssteinen und das Dach ist eine gespannte Plastikplane. Sie ist so flach, das man gerade aufrecht drinne sitzen kann, die Haustür besteht aus einem altem Reissack und nur krabbelnd kann man das innere erreichen. Die Einrichtung besteht nur aus einem Brett, das als Regal für alles herhalten muss, einem Kerosinkocher, Geschirr, und Wolldecken. Bei einer Tasse Tee erfahre ich das er zuvor einige Zeit in Malaysia arbeiten war. Ich wundere mich zunächst, denn ein Nepali der im Ausland war hätte es doch nicht nötig unter diesen kargen Bedingungen den Sommer zu verbringen. Doch als er weitererzählt fallen die worte Nightclub und Disco, tja, nun wundere ich mich nicht mehr… Mittlerweile ist es Mittag geworden und ich gehe zurück zu meinem Zelt. Dicke Wolken ziehen urplötzlich auf. Es beginnt zu schneien, ich fliehe ins Zelt und warte. Der Schneefall will und will nicht aufhöhren und schnell ist alles mit einer dicken weissen Decke überzogen. Am Abend, es ist schon dunkel, werde ich von meinem Nepalesischen Freund aus meinem Zelt gerufen, er will sich bei dieser Witterung nach meinem wohlbefinden erkundigen und ich revanchiere mich dafür mit einer Tasse Tee. Es schneit fast die ganze Nacht durch. Ich bekomme Zweifel ob ich überhaupt weiterkomme. Aber Umkehr steht nicht zur Debatte. Am Morgen hat es aufgehöhrt zu schneien und die Strasse ist grösstenteils von der Tagssonne noch so aufgewärmt, das diese fast schneefrei ist. Ein langer Anstieg steht heute bevor, langsam komme ich höher und höher. Da irgendwo oben muss er sein, der BaralachaLa, 4918m. Aufeinmal kommen mir ein paar Mopedfahrer entgegen, sie berichten dass die Strasse weiter oben aufgrund von Lawinen nicht passierbar sei. Was soll ich nun machen? Naja, bis ich da oben bin… schon vom weiten kann ich den Stau der Fahrzeuge und die weissen Massen von Schnee auf der Strasse erkennen. Doch mit dem Fahrrad ist das alles kein problem, ich trage das Rad und Gepäck einfach durch den Schnee. Drei Lawinen blockieren die Strasse, an diesem Tag bin ich wohl der erste der von Süden her kommend über den Pass ist. Der Tag ist schon recht vorgeschritten und es fängt aufeinmal wieder an zu schneien. Doch nach Sarchu ist es ein lockeres runterollen, an meterhohen Schneemauern vorbei, dann durch eine unwirtliche Steinladschaft, wo gut versteckt ein weisser Wolf seiner Wege geht.  Doch schon bald wechseln die Felsen mit grünen Wiesen auf einem kleinen Plateau. Sarchu ist so ein typisches Zeltdorf entlang der Strecke. Man bekommt etwas zu Essen und auch ein spartanisches Bett. Vor allem die Trucker sind die Hauptkundschaft dieser Einkehrmöglichkeiten. Frohen Mutes doch mit Ehrfurcht starte ich in den nächsten Tag, denn heute stehen die GataLoops an, und danach noch die Überquerung von zwei Pässen. Früh starte ich in den eisigen Wind. Doch schon bald werde ich willkommen geheissen ins Paradise of India. Die Landschaft wird immer spektakulärer, ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus. Und schon kündigt ein Schild den Beginn der 21 Haarnadelkurven an. Ein schneller Snack aus Trockenfrüchten und ich trample mich Meter für Meter weiter. Kurve für Kurve. Wie schon am Start weist auch ein Schild auf das Ende der GataLoops hin. Doch es geht noch weiter hoch, nun nicht mehr in Serpentinen sondern schön langgezogen immer dem Felsen entlang. Solangsam komme ich an meine Grenzen, doch die Aussicht auf die Abfaht vom NakeeLa  macht mir Mut. Doch so gross die Freude über die Abfahrt, so schnell war sie auch wieder vorbei, naja fünf Stunden bergauf gegen 20 Minuten bergab, nicht ganz gleich im Verhältniss. Und wieder kämpfe ich gegen die Steigung an und ausgelaugt erreiche ich schliesslich den LachalungLa auf 5077m. Bis nach Pang ist es nicht mehr weit. Komischerweise sind die Strassen auf der Nordseite der Pässe in einem so desolaten Zustand das es harte Arbeit ist das beladene Gefährt durch den Schlamm und zwischen den Schlaglöchern zu steuern, so auch diese Abfahrt. Geprägt von einmaligen Felsformationen, machen diesen Abschnitt zu einem ganz besonderen. Der nächste Tag startet in Pang mit einem knackigen Anstieg auf die Morrei Ebene.  Zu Beginn dieser Hochebene teilt sich die Strasse und ich wähle die vermeintliche Abkürzung über die Waschbrettpiste. Ich bin nicht der einzige der diesen Weg wählt. Etliche Jeeps rattern im Eiltempo an mir vorbei und ich höre ihre Stossdämpfer schreien. Die Fahrer sind zumeist total übermüdet nicht selten alkohlisiert und ständig unter Zeitdruck. Gerade bei dieser Strecke ist es schier unmöglich den Zeitplan einzuhalten, aber eben genau dies wird von den Fahrern verlangt. Später als ich mit dem Bus von Leh zurück nach Manali fahre erfahre ich etwas über unseren Fahrer. Er kommt wie soviele Saisonarbeiter aus Nepal und verdinge sich drei bis vier Monate im Jahr hier als Busfahrer. Sein Alltag sähe so aus, morgens um zwei Uhr in der früh geht es los in Manali, ausser ein paar kleinere Pausen geht es 18 Stunden durch bis nach Leh. Mit Glück kommt man am frühen Abend an, legt sich kurz zur Ruhe und um zwei Uhr geht die ganze Prozedur vice versa. Nur alle paar Tage gibt es frei, doch dieser freie Tag wird von den meisten nur ungern angenommen, denn keine Arbeit bedeutet kein Geld. Das dies leider nicht selten nicht glimpflich ausgeht, davon zeugen dutzende Autowracks entlang der ganzen Strecke. Die Waschbrettpiste führt fast paralell zur eigentlichen Strasse. Ich werde ganz schön durchgeschüttelt und teilweise ist die Piste von tiefen Sandfeldern durchzogen. Ich schlage nun Richtung Strasse ein, da der Sand immer unangenehmer wird. Die Strasse ist gerade mal so breit, das 1,5 Fahrzeuge Platz haben. Wie eine schwarze Schlange zieht sich der Teerstreifen durch diese Hochgebirswüste. Immer wieder muss ich den zahlreichen Tata Trucks ausweichen, die oft in Kolonne fahren und sehr viel Staub aufwirbeln. Auch treffe ich hier auf die Champa Nomaden. Dieses sehr wild ausehenden Volk hat das Nomadentum bis heute beibehalten, doch die Moderne hat auch diese in Abgeschiedenheit lebenen Menschen nicht unberührt gelassen. Vor vielen Jurten stehen PKW und aus einigen ragt sogar eine Fernsehantenne. Dieses Nomadentum beeindruckt mich sehr, in dieser Abgeschiedenheit und diesen extremen Bedingungen, es ist aber vielweniger ´romantische Inspiration` als einfach nur Respekt den Menschen gegenüber hier oben auf Dauer zu (über-) leben . Irgendwann macht die Strasse einen Abzweig zum TsoKar. Über unbefestige Piste über einen kleinen Pass geht es zum See. Hier ist das campen nur an einem ausgeewiesenden Platz erlaubt und ich zelte unweit eines Camps für wohlbetuchte Touristen. In der Ferne kann man kleine Windhosen ausmachen, welche am Horizont tanzen. Diese karge Ebene ruft in mir ein berauschendes Gefühl aus. Wie unwirklich nehme ich die Umgebung in mir auf, die Weite und doch das begrenzte der umliegenen Berge.
Ich weiss nicht wie ich den nächsten Tag entgegen treten soll, wieder ehrfürchtig oder doch frohen Mutes. Das beste ist wohl ich warte auf das was kommt. Zurück geht es zur Hauptstrasse und ich verlasse allmählich das Morrei Plateau. die Ebene weicht den mal sanft mal schroff ansteigenen Bergen.  Weit in der ferne kann man schon den Pass erahnen, aber bis dahin ist es noch ein langer Weg. Die Strasse führt an einem Hang entlang, die Strassenführung gibt der Berg an. Immer wieder ziehen tiefe Schlenker den Anstieg in die Länge. Nach jedem km fällt mir quasi ein km- Stein vom Herzen. Langsam wird es zur Qual, die dünne Luft tut so einiges dazu. Meter für Meter ziehen sich meine Spuren in den Schlamm. Alle hundert Meter muss ich anhalten und eine Verschnaufpause einlegen. In dieser Höhe scheinen Entfernungen sehr unwirklich. Dies merke ich in dem ich nach jeder Kurve das Ende des Anstiegs erhoffe. doch dieser lässt geduldig auf sich warten. Beim Blick zurück schmiegt sich die Strasse wie ein dunkler Faden an den Berghang und verschmilzt mit dem tief gelegen Tal. Es ist kaum zu glauben das ich von da unten herkomme und dass mit eigener Muskelkraft. Doch diese lässt mehr und mehr nach. Stundenlang komme ich nur im Schrittempo vorran, zum einen schiebend zum anderen fahrend aber das ist auch nicht schneller und ist um einiges anstrenger. Doch bei dem Anblick der Landschaft tauscht die Erschöpfung für einige Zeit mit einem Glücksgefühl, doch schon bald geht es weiter, den Kopf gesenkt um den kalten Wind auszuweichen, laut keuchend mein beladenes Rad immer weiter zerrend. Doch dann begrüssen mich die bunt durch den Wind wehenden Gebetsfahnen. Auf diesen sind Gebete geschrieben welche dann mit dem Wind zu den Göttern geweht werden. Auf allen Pässen flattern solche sog. Windpferde um eine sichere Reise zu erbitten. Wie ich TY versprochen habe, befestige ich, wie auf allen Pässen zuvor auch, ein solches Windpferd und bitte um heile Weiterfahrt. Die Abfahrt wird beschwerlicher als erhofft, dies ist mit Abstand der schlechteste Abschnitt der gesamten Strecke. Auf Schildern wird zwar auf Bauarbeiten hingewiesen und die Unannehmlichkeiten bitten entschuldigt zu werden, aber ich sehe nicht einen einzigen arbeiten. Es wird wohl noch einige Jahre dauern bis dieser  Teil fertiggestellt ist. Ich werde ganz schön durchgeschüttelt, km weit geht es über loses Geröll, welches abrupt aufhört um ein paar hundert Meter weiter die Strecke wieder zu bedecken. Doch alles hat mal ein Ende so auch dieser Bauabschnitt und die ersten zarten grünen Wiesen mit grasenden Yaks beleben die Landschaft sehr. Die Berge nehmen nun eine rötliche Färbung an. Kurz vor Rumtse, der ersten permanenten Siedlung seit Darcha. Ich rolle immer weiter und staune, die grünen Felder, die Häuser in typischer Tibetischer/ Ladakhi Bauweise. Und Chörten. Unzähliger dieser heiligen Reliquien säumen den Weg und manchmal erblickt man hoch in den Felsen demütig errichtete Klöster. Dies ist wahrhaftig das Land der Götter. Ich passiere idylische Dörfer mit fruchtbaren Feldern bevor es durch die atemberaubenden Gye Schlucht geht. Ich erreiche Upshi wo ich die Nacht verbringen will. Auf zelten habe ich keine Lust und ich frage mich zu einer Unterkunft durch. Ich bekomme ein Bett in einem Schlafsaal. Fliessend Wasser gibt es nicht, doch ein kleiner Topf mit der reinigenden Flüssigkeit reicht mir. Auch ein Klo gibt es nicht und mir wird grinsend verklikkert ´when you need toilet..´ verbunden mit einem Fingerzeig auf das Feld hinterm Haus. Vielzu entdecken gibt es hier nicht. Ich treffe noch einen anderen Radler, Ross aus England, er will aber noch heute nach Leh, später treffe ich ihn dort wieder. Es heisst nun auf den nächsten Morgen zu warten. In meiner Unterkunft sind noch zwei Indische Motorradfahrer eingetroffen. Sie berichten das sie unsägliches Pech mit ihren Maschinen hatten und schon mehrere Wochen versuchen diese Strecke zu meistern.
Am morgen bin ich recht früh auf den Beinen, frühstücke gemütlich und mache mich auf die letzten 50km nach Leh. Die strategische Wichtigkkeit dieser Region wird einem vor Augen geführt mit der massiven Militärpräsenz, Pakistan ist nicht weit. Richtige Kaserenenstädte sind hier entstanden, und eine folgt der anderen. Vorbei geht es am berühmten Thikse Kloster mit seinen Buddhafiguren, die in den Fels gehauen wurden . Es kommen wieder grössere Ortschaften, das Treiben wird wieder lebendiger. Ich geniesse die Fahrt und immer wieder tausche ich lautes ´juley´ – (ladakhi, bedeutet soviel wie hallo, danke, bitte, tschüss) mit den Leuten auf den Strassen aus. Doch wie überall kündigen sich Städte mit Verkehr an, viel Verkehr. Leh ist da  nicht ausgenommen. Die letzten km fordern mich nochmal mit einer Steigung heraus, doch bald ist Leh erreicht.

Leh, die alte Königstadt, eine der höchstgelegenden Städte der Welt. Hauptstadt Ladakhs. Leh ist ein Sammelsorium an ethnischen gruppen, Ladhakis, Tibeter, Pakistanis und und und führen hier ein friedliches Miteinander. Ich finde ein kleines Zimmer in Changspa, einem kleinen Dorf nördlich von Leh. Von Changspa ist es nur ein kurzer Fussmarsch nach Leh und mit dem Fahrrad eh kein problem. Die ersten Tage ruhe ich mich aus und geniess die eine und die andere Köstlichkeit um meine Batterien wieder aufzuladen. Dann treffe ich Ross wieder, der Radler in Upshi. Wir verabreden uns gemeinsam über den KhardungLa zu fahren….
Auch wenn ich es nicht wahrhaben will, aber meine Reise ist hier zu Ende. Naja fast. Zuerst muss ich noch schnell nach Delhi. TY kommt dorthin um mich nochmals vor meinem Abflug zu sehen. Also mit dem Minibus nach Manali. Der Bus fährt nachts um zwei Uhr los und soll Manali gegen Abend erreichen. Der Bus hat selbstverständlich Verspätung und ich komme spät abends in Manali an, da ist der Nachtbus nach Delhi schon weg. Da es Wochenende ist, ist es proppenvoll. Ich finde kein Hotelzimmer. Ein Hotelier bietet mir an auf dem Dach seines Hotels zu zelten, einzige Bedingung wäre, ich müsse in seiner Dhabba speisen. Kein problem. Ich verbringe den ganzen Tag auf der Hotelveranda und plauderte mit der Belegschaft. Ich werde die ganze Zeit versorgt, und als ich dann den Aufwand entschädigen will, sprich bezahlen; wollen sie mein Geld nicht annehmen. Ich bin sehr sehr dankbar, und verspreche im nächsten Jahr mit meiner Frau wiederzukommen. Er meine das wäre nicht nötig, da Ende des Jahres sein Vertrag ausläuft und er kein Lust mehr hat. Tja. Dann heisst es Abschied nehmen und ich besteige den Bus nach Delhi.




bulletin mar´14

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